Offener Brief KM Lorz StEBs KrEBs FFM WI OF HTK Fulda Hanau DaDi (2)
Sehr geehrter Herr Kultusminister Lorz,
das hessische Schulgesetz sieht eine Elternbeteiligung auf allen Ebenen vor. Diese vermissen wir
jedoch schon seit Beginn der Schulschließungen Mitte März. Wir Eltern tragen seitdem als Bindeglied
zwischen Schulen und Kindern die größte Last und sind inzwischen an der Belastungsgrenze
angekommen. Zahlreiche Angebote, Aufrufe, Forderungen, Hilferufe und Brandbriefe in Richtung
Kultusministerium sind bislang ungehört verklungen. Ohne Beteiligung der Schulen und Eltern und
damit über die Köpfe der am meisten Betroffenen hinweg werden von der Politik Entscheidungen
getroffen, die dann jede Schule für sich neu umsetzen soll. Dabei kommen viele Anweisungen zu
spät und sind in der Praxis oft gar nicht sinnhaft umsetzbar. Deshalb richten wir mit großem
Nachdruck folgende Forderungen an Sie:
1. Beteiligung der Elternvertretungen: Der Landeselternbeirat und die Elternvertreter auf
Stadt- und Kreisebene müssen mit sofortiger Wirkung bei allen Planungen zur
Wiederaufnahme des Schulbetriebs bzw. zum Heim-Unterricht beteiligt werden, und zwar
bevor die Konzepte verabschiedet und in der Presse verkündet werden. Wir Eltern bringen
unseren Erfahrungsschatz gerne ein, und ebenso müssen Schulen und Schulämter
konsequent und dauerhaft beteiligt werden, um die Sicht der Praktiker bei der Planung zu
berücksichtigen.
2. Konzept für Kombination aus Schule und Heim-Unterricht: Wir erwarten, dass in Zukunft
ein „On-off“ Betrieb vorgesehen werden muss, z.B. wenn bestimmte Neuinfektionsraten
regional wieder überschritten werden. Deshalb fordern wir ein umfassendes und
nachhaltiges Konzept für ein duales System von Online- und Offline-Unterricht, das
mindestens die folgenden Aspekte berücksichtigt:
a. Für das System Präsenz-Unterricht müssen dauerhaft verbindliche
Rahmenbedingungen zu einem „Schichtbetrieb“ für alle Schülergruppen festgelegt
werden – auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf den gerade wieder
aufgenommenen Vereins- und Musikbetrieb für die Kinder am Nachmittag.
b. Im System Heim-Unterricht müssen die Lehrer direkt mit den Kindern
kommunizieren – ohne Umweg über die Eltern. Dieses System muss von Anfang an
so aufgesetzt werden, dass Kinder, die zur Risikogruppe gehören und deshalb nicht
am Präsenz-Unterricht teilnehmen können, trotzdem parallel und gleichberechtigt in
den Unterricht einbezogen werden. Eltern sind beim Heim-Unterricht nicht
verantwortlich für die Verteilung und Rückmeldung von Arbeitsaufträgen oder
ähnlichem. Dementsprechend müssen die eingesetzten Plattformen für die
eigenständige Nutzung durch die Kinder geeignet sein.
c. Für Kinder im Grundschulalter müssen die speziellen Anforderungen dieser
Altersklasse gesondert betrachtet und ein altersgerechtes separates Konzept
erarbeitet werden. Gleiches gilt für Inklusionsschüler, deren besondere
Anforderungen ebenfalls entsprechend berücksichtigt werden müssen.
d. Wirtschaftlich benachteiligten Familien muss umgehend (und allen schulpflichtigen
Kindern in einem zweiten Schritt) die notwendige Hardware (ggf. inkl.
Internetzugang) für die Teilnahme am digitalen Heim-Unterricht bereitgestellt
werden. Die dafür kurzfristig bereitgestellten Mittel aus dem Digitalpakt müssen
schnell und unbürokratisch ausgeschüttet werden.
e. Das Konzept des Heim-Unterrichts muss auch gesundheitliche Aspekte wie tägliche
Bildschirmzeit und ergonomische Bedürfnisse berücksichtigen.
f. Das Schulportal Hessen muss in Bezug auf die Serverkapazität bis zu den
Sommerferien so ausgebaut sein, dass alle Schulen in Hessen stabilen Zugriff darauf
haben können. Parallel dazu muss das Videokonferenz-System „BigBlueButton“ dort
integriert und die Serverkapazitäten dafür seitens des Landes zentral bereitgestellt
werden.
g. Schulen und Lehrkräfte müssen dazu verpflichtet werden, existierende digitale
Angebote wie das Schulportal Hessen (inklusive Unterricht per Videokonferenz)
regelmäßig und fächerübergreifend im Heim-Unterricht einzusetzen.
Die Vorbereitung der schulischen Wiederöffnung ab dem 18.5.20 bedeutet nicht den Abschluss
dieser außergewöhnlichen Situation, sondern es ist klar, dass es noch über viele Monate hinweg eine
Parallelität von Präsenzunterricht und außerschulischen Lernen geben wird. Gerade aus diesem
Grund ist es unerlässlich, dass diejenigen, die hierbei die größte Last tragen – Schulleitungen, Lehrer,
Eltern und Schüler – frühzeitig in die Erarbeitung von Lösungen eingebunden werden, damit sie
praktikabel sind. Ansonsten befürchten wir, dass in Zukunft noch mehr Familien Klagen gegen
politische Entscheidungen einreichen werden, da sie sich in ihren Bedürfnissen übergangen fühlen.
Das würde die ohnehin schwierige Situation nur noch weiter verschlimmern – ein Szenario, das
sicher weder Sie noch wir für erstrebenswert halten. Insofern wünschen wir uns, dass unser Appell
gehört wird und Entscheidungen für den Schulbetrieb ab sofort unter Einhaltung der gesetzlich
gesicherten Mitbestimmung der Elternvertretungen getroffen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
StEB Frankfurt StEB Wiesbaden
KrEB Hochtaunuskreis KrEB Offenbach
StEB Offenbach KrEB Darmstadt-Dieburg
KrEB Fulda StEB Hanau